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Sonderveranstaltung zur "Integrierten Mobilitätsplanung"

Am 22. Mai 2024 fand am frühen Abend im großen Hörsaal der Verwaltungshochschule eine hochaktuelle und sehr informative Sonderveranstaltung zur Thematik der Mobilitäts- und Verkehrsplanung in Kommunen statt. Direktor Harald Wilhelm begrüßte zunächst die anwesenden Zuhörer sowie die Referenten des Abends und bedankte sich für deren Interesse bzw. Engagement. Er führte mit Blick auf die anwesenden Studierenden aus, dass die Thematik der Mobilitätsplanung zwar kein direkter Lehrstoff an der Verwaltungshochschule sei, die dabei anzutreffenden Vorgehensweisen und Fertigkeiten aber hilfreich seien, um das Rüstzeug für die Wahrnehmung der vielfältigen kommunalen Aufgaben in der Zukunft zu erwerben.  

Seitens der Referenten hießen zunächst Dr. Stefan Meier und Judith Schelkle vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, Referat 64 - Mobilitätsnetzwerke und Grundlagen der Mobilitätsplanung, die Teilnehmer willkommen. Beide erläuterten, dass der Freistaat die bayerischen Kommunen bei der Bewältigung der komplexen Thematik der Mobilitäts- und Verkehrsplanung vielfältig unterstützen möchte. Neben dem seit Jahren bestehenden staatlichen Förderprogramm zur Mobilität im ländlichen Raum sollen auch durch Informationsveranstaltungen die Möglichkeiten zur Erschließung des bayerischen Staatsgebietes mit einem attraktiven Angebot im ÖPNV aufgezeigt werden. Die in Hof stattfindende Veranstaltung ist daher in eine überregionale Vortragsreihe eingebettet. Aus der Sicht des Ministeriums sei es gerade wichtig, dass die in Hof studierenden zukünftigen Verwaltungskräfte in den Kommunen die aktuellen Herausforderungen und vor allem dazu existierende modellhafte Lösungsansätze kennenlernen. „Der Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen integrierte Verkehrsplanung und Mobilitätsmanagement sei ein Schlüsselfaktor“.

Anschließend erläuterte Dr. Julia Kinigadner vom Lehrstuhl für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung der Technischen Universität München aus wissenschaftlicher Sicht die Grundlagen und die Relevanz einer „integrierten Mobilitätsplanung“ für Kommunen. Sehr anschaulich stellte sie die Unterschiede einer traditionellen Verkehrsplanung und einer nachhaltigen urbanen Mobilitätsplanung heraus. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der Fokus der Aktivitäten nicht mehr auf dem Verkehr, sondern auf den Menschen mit ihren Mobilitätsbedürfnissen, aber auch ihren Anforderungen an Erreichbarkeit und Lebensqualität liege. Nach den Prinzipien einer nachhaltigen Mobilitätsplanung ging sie auf die sinnvolle Vorgehensweise bei der Entwicklung regionaler Mobilitätskonzepte ein. Mit den Phasen der Orientierung und Vorbereitung, der Ist- Analyse, der Leitbild- und Zielfestlegung, der Maßnahmenentwicklung und Umsetzung sowie einer Evaluation und Reflexion stellte sie ein auch aus Sicht der Studierenden aus den Managementfächern bekanntes Vorgehensmodell vor. Die Ausführungen zur SMART- Regel bei der Formulierung von Zielen, die dann auch als Grundlage der Evaluation gut verwendet werden können, müssten bei den Studierenden Erinnerungen an die Lehrveranstaltung „Verwaltungscontrolling“ geweckt haben.
In der sich an den Vortrag anschließenden Diskussionsrunde wurden sowohl die Aspekte der Beschaffung von geeigneten Datengrundlagen für derartige Planungen als auch die Zusammenhänge mit der Digitalisierung sowie weiteren zum Nachhaltigkeitsstreben beitragenden Handlungsfeldern (z. B. Energiewende) ins Blickfeld genommen.  

Im Anschluss präsentierte Markus Hammrich vom Landratsamt Bamberg als beeindruckendes Praxisbeispiel das intermodale Mobilitätskonzept seines Kreises. Bei der Vorstellung des Landkreises konnte er zum Beispiel aufzeigen, dass immerhin 4,3 % der Landkreisfläche als Verkehrsflächen genutzt werden. Das im Jahr 2018 vom Kreistag beschlossene Konzept betrachtet als Besonderheit alle Formen der Mobilität. Neben der Verbesserung des ÖPNV-Angebotes und besseren Bedingungen für den Radverkehr im Landkreis ist ein wichtiges Themenfeld der Ausbau der Infrastruktur und Schnittstellen. Zubringer- und Shuttleverkehre gehören ebenso wie die Stärkung der E-Mobilität zu den konzeptionellen Inhalten. Das Mobilitätsmanagement, aber auch Modellräume und Experimentierfelder ergänzen ebenfalls das Konzept. Sowohl theoretisch als auch mit eindrucksvollen Bildern stellte der Experte dann die unterschiedlichen Typen der Mobilstationen im Landkreis und ihre Ausstattung und Funktion dar. Er betonte, dass es hier eine enge und gute Zusammenarbeit des Landratsamtes mit den Gemeinden im Landkreis gebe und er selbst häufig beratend bei vielen Umsetzungsfragen in den Gemeinden eingeschaltet werde. Ebenfalls vorbildhaft konnte er mit den eigens entwickelten Logos und Piktogrammen die einheitlichen Vorgaben zur Beschriftung für die Mobilstationen verdeutlichen.

Nach dem Bamberger Praxisbeispiel, das stellvertretend für viele ländlichen Räume angesehen werden kann, rundete Dr. Martin Schreiner, der Leiter des Geschäftsbereichs Strategie im Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München die Vortragsreihe mit einem Beitrag zu den Herausforderungen bei der Erstellung eines „Sustainable Urban Mobility Plans“ (kurz: SUMP) ab. Zunächst stellte er in seiner Vorstellung fest, dass er erst in seiner Tätigkeit bei der Landeshauptstadt die Einflussmöglichkeiten und Bedeutung der Verwaltung auf die kommunalen Entscheidungen verstanden habe. Er ermutigte die Studierenden, dass sie in ihrer späteren Tätigkeit mit mutigen Entscheidungen auch gestalterisch tätig werden können und nicht nur als bloße Gesetzesanwender tätig werden sollten. Auch müsse es zunehmend möglich sein, Neuerungen und Innovationen auszuprobieren.
 
Mit einigen interessanten Fakten erläuterte er Aspekte und Hintergründe des nachhaltigen Mobilitätsplans für die Landeshauptstadt München. So haben 44 % der Münchner Haushalte kein Auto, während die vergleichbare Zahl in ländlichen Räumen nur bei etwa der Hälfte liege. Die im Münchner Konzept enthaltenen Maßnahmen zeigen durchaus Wirkungen. In einem Zahlenvergleich der Jahre 2019 und 2023 ist der Kfz-Verkehr in der Stadt um 5,8 % zurückgegangen, und das, obwohl der Kfz-Bestand leicht gestiegen sei. Beeindruckend sei aber vor allem der auch durch die Pandemie beflügelte Anstieg des Radverkehrs in der Landeshauptstadt um 24 %. Gleichzeitig machen externe Einflüsse wie etwa die aktuell von der EU-Kommission vorgeschlagenen schärferen Grenzwerte in der Europäischen Luftqualitätsrichtlinie weitere Bemühungen notwendig. Er nannte als weiteres Beispiel die Planung zur Umgestaltung der Lindwurmstraße mit einer eigenen Fahrspur für den Radverkehr. Dies sei im Übrigen nur deshalb erfolgreich, weil die Stadt die vorgesehenen Auswirkungen mit Hilfe eines digitalen Zwillings den Betroffenen verdeutlichen habe könne. Die Möglichkeiten aus der Digitalisierung erweisen sich hier als Erfolgsfaktor für eine höhere Akzeptanz der Planungen.

Nach mehr als zwei kurzweiligen Stunden fassten die Vertreter aus dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die Beiträge kurz zusammen und bedankten sich nochmals bei den Vortragenden sowie auch bei den zuhörenden Teilnehmern für Ihre Aufmerksamkeit.

Armin Thoma